Ich war im letzten Jahr in Münster gewesen. Während meines Aufenthaltes entschloss ich, ins Kunstmuseum zu gehen. Wenn ich auf Reisen bin, dann nehme ich immer nur das Nötigste an Kleidung mit. Für die paar Tage hatte ich Oberteile, Unterwäsche, Hygiene-/Kosmetikartikel usw. eingepackt. Es wäre perfekt aufgegangen, wenn ich nicht am späten Samstagabend auf meine Knie gestürzt wäre und die Jeans kaputt ging. Im Normalfall hätte ich mich umgezogen und fertig.
Tja, ich hatte keine Wechselhose eingepackt und die Geschäfte waren bereits geschlossen. Sonntagmorgen sollte es ins Museum gehen und ich sah ziemlich mitgenommen aus. Sage ich es ab oder springe ich über meinen Schatten und gehe trotzdem hin. Da mein Mantel die aufgeschlagenen Knie und zerrissene Jeans überdeckte, entschied ich mich dafür.
Im Museum angekommen stand ein großes Hinweisschild: „Jacken und Taschen sind im Spind aufzubewahren“. Einige Tage zuvor hatten Kimaaktivisten Gemälde mit Lebensmittel beschmiert. Ich schaute an mir herunter und dachte: „Na, super“. Das Ticket war bereits gekauft. Ok, Augen zu und durch. „Es kennt dich hier niemand“, beruhigte ich mich gedanklich.
In den ersten Räumen begegnete mir keine Menschenseele und ich konnte einfach die Kunst genießen. Etwas später bemerkte ich eine Frau, die mich und meine Kleidung missbilligend beäugte. Ich wusste genau, dass sie mich als Asozial abstempelte. Wie kann man nur so herumlaufen? Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich an ihrer Stelle genauso komisch geschaut hätte.
Wie schnell wir andere Menschen innerhalb von Sekunden beurteilen. Mein Kunstmuseumsbesuch hat meine Sichtweise korrigiert. Man weiß nicht, was der Mensch für eine Geschichte hat und trotzdem bewerten wir sie.
Wenn ich im eleganten Kleid unterwegs gewesen wäre, hätte ich perfekt ins Bild des feinen Museumsbesuchers gepasst. Mit der schmutzigen, zerschlissenen Jeans und den kaputten Knien wirkte ich ungepflegt.