Draußen schneit es. Hoffentlich bleibt der Schnee bis morgen liegen. Was gibt es schöneres als weiße Weihnachten. Emely steht mit ihren glänzen Stiefeln aufgeregt im Flur, dabei tippelt sie von einem Fuß auf den anderen. „Papa, jetzt komm schon. Gleich sind alle schönen Weihnachtsbäume weg.“
„Keine Panik, mein Schatz. Wie jedes Jahr werden wir auch heute unseren perfekten Tannenbaum finden.“ Nach zwei Stunden kommen beide mit dem Baum nach Hause. Mama hat schon den Schmuck bereit gelegt und in der Luft liegt der Geruch nach Weihnachtstee und Plätzchen.
Für Emely beginnt jetzt der Schönste Teil der Adventszeit. Endlich darf sie den glänzenden und funkelnden Schmuck an die Zweige hängen. Es gibt Kugeln, Tropfen, Glocken und Spielzeug zur Auswahl.
Jeder nimmt sich ein Teil aus der sorgfältig verstauten Verpackung, begutachtet es von allen Seiten und sucht den perfekten Zweig aus. Er darf nicht zu dünn sein, sonst fällt alles herunter. Aber auch nicht zu dick, sonst passt das Bändchen des Schmucks nicht darüber. Zu weit hinten geht es unter und zu weit vorne hängt der Zweig.
Ihr seht schon, es ist eine Kunst, die nur schwer zu perfektionieren ist. Selbstverständlich weiß Emely über diese Tücken Bescheid und macht sich gekonnt ans Werk. Gerade als sie eine goldene Kugel platzieren möchte, hört sie ein Stöhnen: „Nanu, wo kam das denn her?“, fragt sie sich. „Habt ihr das auch gehört, Mama und Papa?“ Beide schüttelten den Kopf. Vielleicht habe ich mich getäuscht, denkt sie. Doch da bemerkt sie ein Flüstern über ihren Kopf. Erschrocken tritt sie einen Schritt zurück. Was ist hier los?
„Hallo, würdest du mich jetzt aufhängen.“, hört sie eine Stimme, welche aus ihrer Hand zu kommen scheint. Verwirrt schaut sie auf ihre Hand, darin befindet sich noch immer die Kugel. Können Kugeln etwa sprechen? Schnell greift Emely nach einem Zweig und hängt den Schmuck auf.
Plötzlich ertönt ein Stimmenwirrwarr. „Hey, du stiehlst mir mit deinem Glanz die Show.“ „Ich war hier zu erst gewesen.“ „Immer musst du im Mittelpunkt stehen.“ „Die Kinder haben nur Augen für dich!“ „Sei ruhig, du nervst jedes Jahr aufs Neue.“ „Der Zweig ist viel zu schwer.“ „Hört endlich mit dem Läuten auf, ihr blöden Glocken.“ „Ach, sei leise, wir stehen symbolisch für die Kirchenglocken.“ „Neumodischer Kitsch, mich gab es schon bevor ihr produziert wurdet.“ „Wir Kugeln sind schön, aber was hat das Federvieh hier zu suchen? Ihr plustert euch unnötig auf. Jedes Jahr werdet ihr zur Show gestellt. Der Platz an den Zweigspitzen sollte endlich mal variieren.“ „Du bist doch nur neidisch.“ „Schluss jetzt“, schreit Emely.
Mama und Papa schauen sie völlig verdutzt an. „Alles in Ordnung.“ „Mmmmh, ja.“ Das Mädchen schaut sich den fertigen Baum an. Sie nimmt eine Kugel vom Zweig ab und lauscht an ihr. Es ist nichts zuhören. Scheinbar war es nur ein Tagtraum. Als sie die Kugel wieder an ihren Platz hängt, bemerkt sie ein Zwinkern. War es wirklich nur ein Traum gewesen?
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