Geschwisterliebe?!

Ich habe eine Schwester und hatte einen Bruder. Obwohl meine Schwester und ich nicht täglich Kontakt haben, ist sie eine der wichtigsten Personen in meinem Leben. Wenn es mir gut geht oder etwas positives passiert, möchte ich es mit der ganzen Welt teilen. Aber negative Erlebnisse/Emotionen behalte ich lieber für mich. Um das Verhältnis zwischen meiner Schwester und mir besser zu verstehen, kommen hier ein paar Erlebnisse:

Als Kind habe ich eher den Kontakt zu meinem Bruder gesucht. Ich kannte die Rückennummern aller Dortmundspieler auswendig. Abends im Bett wurde gekuschelt und er spielte mit mir. Obwohl meine Schwester ebenfalls mit mir spielte, hatten wir nicht den Draht zueinander. Im laufe der Jahre und vor allem durch den Tod unseres Bruders sind wir enger zusammengewachsen. Es gibt zwischen uns ein Band, dass selbst durch Entfernung nicht abreißt. Danke, dass du damals für mich da warst und versucht hast, mir einen kleinen Teil vom großen Bruder zu ersetzen.

Meine Schwester ist älter als ich, was durchaus seine Vorteile mit sich bringt. Mir wurden auf Wunsch aufwendige Frisuren gemacht und ich wurde geschminkt. Brauchte keinen Babysitter, wenn meine Eltern nicht da waren, weil sie auf mich aufpasste. Als sie ihr erstes Geld verdiente, bekam ich eine Handtasche oder Kleidung geschenkt und wurde von ihr eingeladen.

Die Liebe zum Schreiben und das Erzählen von Geschichten verdanke ich zum Großteil ihr. Als wir beide noch bei meinen Eltern wohnten, habe ich manches mal bei ihr im Zimmer übernachtet. Die Abende endeten immer damit, dass ich ihr eine Geschichte erzählte. Oft ist sie auch vor dem Ende eingeschlafen, dann habe ich am nächsten Tag das Ende erzählt.

An einen richtig heftigen Streit, zwischen uns, erinnere ich mich nicht. Aber eine Anekdote erzählt sie gerne. Neben ihren vielen tollen Eigenschaften, ist sie leider nachtragend. (Auch wenn du es anders siehst, stimmt es). Meine Schwester hatte Schnupfen und ich sollte ihr Taschentücher holen. Allerdings war ich mit etwas wichtigem beschäftigt und hatte keine Lust. Notwendigerweise holte ich die Packung und klebte einen Zettel mit den Worten „Ich nehme keine Rücksücht!“ drauf. Diesen Rechtschreibfehler hält sie mir bis heute vor. Ich war ca. 7 Jahre alt!

Als es mir gesundheitlich schlecht ging und ich zum Arzt musste, begleitete sie mich. Ihre Anwesenheit gab mir Ruhe und Sicherheit. Im Behandlungsraum, brach ich plötzlich in Tränen aus und zitterte am ganzen Körper (Nervenzusammenbruch). Meine Schwester holte unsere Mutter zur Hilfe. In einer solchen Situation hätte ich niemand anderen an meiner Seite haben wollen, als die Beiden. Schwäche zu zeigen ist meist schwer, aber bei den richtigen Personen kann man es. Ich habe nie von ihnen gehört, dass ich mich nicht so anstellen sollte.

Mir fällt ein Gespräch ein: In meiner Familie wurde oft Familienrat eingeholt. Ich hatte beschlossen einen unbefristeten Job zu kündigen. Diese Entscheidung war eine reine Herzenssache. Meine Schwester meinte im Laufe der Diskussion, dass man wichtige Entscheidungen mit dem Kopf und nicht mit dem Herzen trifft. Ich erklärte ihr nochmal meine Sichtweise, als ich jedoch nicht weiterkam und mich in eine Ecke gedrängt fühlte, fielen harte Worte meinerseits. Im ersten Moment war sie geschockt und verletzt. Wir beide gingen in getrennte Räume. Nach einiger Zeit kam sie zu mir und wollte in Ruhe mit mir reden. Diese Geste rechne ich ihr bis heute hoch an.

Irgendwann kam sie mit ihrem heutigen Ehemann nach Hause. Na ja, es musste wohl so kommen. Er war auf den ersten Blick ganz ok. Folgendes Bild ergab sich: Auf der Couch saß er links, in der Mitte meine Schwester und rechts ich. Sie hielt sowohl meine Hand als auch seine. Mein Schwager behauptet, dass ich sie wie eine Löwin beschützt hätte. Das stimmt auch, nicht jeder Mensch darf sie mir „wegnehmen“.

Von ihren Kindern bin ich Patentante. Es sind wunderbare Menschen. Ich bin stolz darauf eine wichtige Rolle nicht nur im Leben meiner Schwester spielen zu dürfen, sondern auch in dem ihrer Familie. Wenn es ihr oder mir schlecht geht sind wir füreinander da. Wir haben beide einen festen Platz im Herzen des anderen.