Geschichten aus dem Verkauf

Für einige Jahre habe ich als Verkäuferin bei einer großen Einzelhandelskette gearbeitet. Als Verkäufer/in erlebt man viele lustige, traurige oder einfach verrückte Momente.

Eine Kundin wird mir wahrscheinlich für immer und ewig im Gedächtnis bleiben. Sie war eine ältere, sehr gut angezogene Dame mit Hund. Wenn man sie beraten hat, war man gezwungen auf ihren Hund einzugehen. Das Verkaufsgespräch lief in etwa so ab: „Püppi (Name wurde geändert) wie gefällt dir das Paar Schuhe?“ Der Hund lag nur da und machte nichts, dennoch interpretierte die Kundin „ihm gefallen sie nicht“ hinein. Also kam das nächste Paar Schuhe dran und man wartete wieder auf die Hundemeinung. Oder aber sie sagte: „Püppi ist müde und möchte nach Hause“, dass hieß dann so viel wie „ich möchte gehen und das Gespräch ist hier zu Ende“.

Eine weitere Kundin gab mir mal Geld für einen Kaffee als Entschädigung, weil ich ihren schwierigen Ehemann bedienen musste. Von einem Kunden erhielt ich sogar mal seine Telefonnummer, ich rief aber nie an. Meine „Lieblingskunden“ waren ein alter Mann mit seiner Frau. Beide waren wundervolle Menschen und erinnerten mich durch ihren gegenseitigen Umgang sehr stark an meine Großeltern. Er nannte seine Frau immer „meine Chefin“ und wenn er sich etwas gönnte, schenkte er ihr gleich etwas mit oder auch andersherum.

An Weihnachten kam mal eine Frau in die Parfümabteilung und legte ein komplettes Abend Make-Up (nur mit Testern) auf. Als das Gesicht fertig war, bekamen noch die Hände eine Maniküre. Dummerweise schlossen wir gerade als sie mit der ersten Hand fertig war. Ich hätte sie zu gerne mit nur einer lackierten Hand beim Abendessen gesehen.

Eine Dame fing auch mal zu weinen an, während ich sie bediente, weil ich sie so sehr an ihre Enkelin erinnerte. Ihre Familie besuchte sie nur selten und sie war einsam. Zwei weitere Kunden sind mir ebenfalls im Gedächtnis geblieben, vor allem aber aufgrund meines Fehlverhaltens.

Einem Kunden fiel fast ein Schuh aus der Hand und ich griff reflexartig danach, dabei streifte ich seine Hand und erschreckte mich. Zur Erklärung: Seine Hand war eine Prothese. Der Kunde entschuldigte sich sofort, obwohl er überhaupt nichts falsch gemacht hatte. Mir tat mein Verhalten unendlich leid und ich habe mich mehrfach entschuldigt. Nach dieser unangenehmen Situation haben wir noch ein sehr offenes Gespräch geführt und er kaufte die Schuhe.

Bei dem zweiten Mann war es leider eine ähnliche Situation. Ich hatte Spätdienst und es war kurz vor Ladenschluss. Es waren auch keine Kunden mehr in Sichtweite, also räumte ich noch schnell die Verkaufsfläche auf. Plötzlich hörte ich eine Art Roboterstimme hinter mir und erschrak furchtbar. Dem Mann war es so unangenehm. Er war Schilddrüsenkrank und benötigte ein Gerät zum Sprechen.

Diese Situationen waren mir so unangenehm, nicht weil die Menschen ein besonderes Bedürfnis hatten, sondern aufgrund meines Fehlverhaltens. Das letzte was ich möchte ist, dass sich jemand aufgrund meines Verhaltens unwohl fühlt. Ich kann es jedoch nicht mehr rückgängig machen, sondern draus lernen und es besser machen.

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Ein Kommentar zu „Geschichten aus dem Verkauf

  1. Jeder der im Verkauf gearbeitet hat,kann deine Geschichten nachvollziehen. Aber so originell geschrieben, habe ich es noch nicht gehört. Danke.💖☘️👠

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