Meine Familie und der Fußballwahnsinn (Teil 2)

Ich habe auch Geschwister. Mein Bruder liebte den Fußball über alles. Und wenn ich hier von Liebe spreche, dann meine ich diese Art von Liebe, für die man alles tut. In meinen Augen war er einer der größten Fans die ein Verein haben kann. Er war mit vollem Herzblut dabei. Wenn Deutschland spielte, stand er von der Couch auf und hielt die Hand aufs Herz wie die Fußballspieler bei der Nationalhymne. Sein Verein war und wird es auch für immer bleiben der BVB´09. Dortmund, für die Leute unter euch, denen die Abkürzung nichts sagt.

Er hatte die komplette Montur (Unterwäsche, Stutzen, Hose, Trikots, Bettwäsche, Fahnen, Wimpel und was es sonst noch alles gibt). Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte selbst der Tannenbaum Dortmundkugeln gehabt und unser Badezimmer hätte der Toilette des Dortmundshops zum Verwechseln geähnelt. Als mein Bruder sich in München beim Arzt ausziehen musste, war er komplett in Dortmundunterwäsche gekleidet. Und das in einer Stadt, wo fast jeder Bayern Fan ist. So war er eben. Wenn sein Trikot in der Waschmaschine war, blieb er davor sitzen und zog es noch klamm an. Auch wenn ich Fußball absolut nicht mag, würde ich gerne für eine Sache solche Emotionen empfinden wie wahre Fußballfans sie bei jedem Spiel haben.

Meine Schwester ist kein Fan, aber wie meine Mutter Fußballbegeistert. Scheinbar ist es vererbbar. Aber abgesehen davon ist sie eine tolle Schwester. Mein Schwager (ihr Ehemann) ist ein netter Mensch und ergänzt unsere Familie in allen Belangen sehr gut, eben auch im Fußballbereich. Er interessiert sich noch mal für einen anderen Verein, als der Rest meiner Familie, nämlich Leverkusen. Er hat sich ausgerechnet den Verein ausgesucht, der noch nie Meister wurde. Na ja, wäre ich Fan, dann würde ich mir wenigstens einen Verein aussuchen, der auch mal einen Grund zum Feiern hat. Aber ok.

Jetzt wo ich über jede Person in meiner Familie gelästert habe, muss ich auch über mich etwas auspacken. Denn auch ich habe eine Fußballvergangenheit. Die dunkle Zeit in meinem Leben (Ironie). Als Kind konnte ich die Namen und Rückennummern einiger Spieler auswendig. Heute langweilt mich Fußball nur, meine Interessen gelten Büchern, Fotografieren und dem Schreiben von Beiträgen. Ich kann problemlos den ganzen Tag mit einem Buch auf der Couch verbringen. Nichts hören oder sagen, sondern einfach nur in die Welt der Figuren eintauchen. Was mich am Fotografieren jedes Mal aufs Neue fasziniert, ist das sich der Blick auf die Welt durch eine Kameralinse vollkommen verändert. Kleine Dinge können durch den richtigen Blickwinkel und der Technik groß und wunderschön aussehen. Fotos sind für mich nicht einfach nur Bilder, sie können Emotionen und Erinnerungen hervorrufen.

So manche Erinnerung, die man gerne verdrängen würde, wurde leider auch schon auf Fotos festgehalten. Ein solches Foto existiert auch von mir:

Ich halte an Weihnachten glücklich eine Dortmundfahne in der Hand. Der Puppenwagen kann leider auch nicht von der Geschmacksverwirrung in meiner Hand ablenken. Gut, ich war fünf Jahre alt, aber trotzdem. Mich musste leider auch keiner dazu zwingen, denn ich wollte es. Jeder hat irgendwelche peinlichen Fotos von sich. Ein gutes hat das Foto jedoch, vielleicht schreckt es meine Kinder irgendwann vom Fußball ab. Obwohl ich dafür auf dem Foto weinen statt lächeln müsste.

Die Hoffnung bleibt…

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2 Kommentare zu „Meine Familie und der Fußballwahnsinn (Teil 2)

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